Was ist Ju-Jutsu?
Ju-Jutsu (jap.) : Wissenschaft von der Nachgiebigkeit
Selbstverteidigung nach den Budo-Prinzipien
Ju-Jutsu ist die moderne Selbstverteidigung aus der Praxis für die Praxis. Sie ist leicht erlernbar, vielseitig anwendbar und äußerst effektiv. Ju-Jutsu geht zurück auf die in Japan in Jahrhunderten entwickelten waffenlosen Selbstverteidigungssysteme. Nahezu alle im Ju-Jutsu enthaltenen Elemente stammen aus Sportarten, die sich mit speziellen Gebieten der Selbstverteidigung auseinandergesetzt und diese perfektioniert haben. Neben den Grundelementen Bewegungsformen, Falltechniken, Abwehrtechniken, Schläge, Tritte und Stöße sind ebenso Wurf- und Hebeltechniken der unterschiedlichsten Form im Ju-Jutsu vertreten.
Alle Techniken können – je nach Situation und Notwendigkeit – sowohl in sehr harter und zerstörerischer Form als auch relativ sanft angewendet werden. Dies eröffnet dem Verteidiger stets die Möglichkeit, sich im Rahmen der gesetzlich geforderten Verhältnismäßigkeit zu bewegen. Die Härte der Verteidigung muß dem Angriff angemessen sein, so dass kein Missverhältnis entsteht.
Für eine umfassende Selbstverteidigung ist jedes der einzelnen Grundelemente jedoch nur ein Teil des Ganzen geblieben. Die Vollkommenheit liegt in der Zusammenfassung zu einem System. Hinzu kommen die für das Ju-Jutsu speziell entwickelten Festhalte-, Aufhebe-, Transport- und Nothilfetechniken. Auch die Grundlagen der Konfliktbewältigung und Selbstbehauptung ohne den Einsatz körperlicher Gewalt werden im Ju-Jutsu vermittelt.
In der jüngeren Zeit sind nicht nur die Angriffe raffinierter, vielfältiger, brutaler und wesentlich gefährlicher geworden, sondern auch eine erheblich höhere Gewaltbereitschaft der Täter und eine große Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Opfer kommen hinzu. Hier gilt es, dem ein Selbstverteidigungssystem entgegenzusetzen, das leicht erlernbar ist, von Personen jeden Alters und Geschlechts angewendet werden kann und eine optimale Wirkung erzielt.
Im Ju-Jutsu sind altbewährte Erkenntnisse vieler Kampfsportarten, aber auch neue Erkenntnisse unter dem Grundsatz „aus der Praxis für die Praxis“ zu einer modernen und sehr effektiven Selbstverteidigung zusammengeführt. Weil auch die Sicherheitsbehörden erkannt haben, dass Ju-Jutsu sehr praxisnah und wirkungsvoll ist, wurde es auch bei den Polizeien der Länder und des Bundes dienstliches Ausbildungsfach.
Ju-Jutsu – das neue System
Das Anfang des 20.Jahrhunderts eingeführte Jiu-Jitsu war in den 60ér Jahren nicht mehr zeitgemäß. Es war dringend erforderlich, etwas Neues, vor allem aber wirkungsvolleres zu schaffen. Hochgraduierte Dan-Träger erhielten den Auftrag, eine moderne und effektive Selbstverteidigung zu erarbeiten. Federführend dabei waren Franz Josef Gresch und Werner Heim. Sie stellten aus den verschiedenen Budo-Systemen die wirkungsvollsten Techniken zu einem neuen System zusammen, das den Namen Ju-Jutsu erhielt.
1969 wurde das neue Ju-Jutsu dann in Deutschland eingeführt. Es geht nicht mehr vom Angriff aus, sondern primär von den Verteidigungstechniken. Alle Verteidigungstechniken sind gegen mehrere Angriffsarten anwendbar. Ziel ist es, die Bewegungsabläufe durch ständiges Training so zu automatisieren, dass die Verteidigung ohne Nachdenken erfolgt, d.h. automatische Reflexe im Unterbewusstsein (sogenannte Automatismen) ablaufen.
In der freien Selbstverteidigung werden die Einzeltechniken so aneinandergereiht, wie sie sich durch das Verhalten des Angreifers ergeben (sogenannte Kombinationen oder Weiterführungstechniken). Nicht der Verteidiger entscheidet über die Technikfolge, sondern die Handlungen des Angreifers, denen sich der Verteidiger mit dem Ziel anpasst, ihn angriffsunfähig zu machen. In der „freien Selbstverteidigung“ zeigt sich die echte Kunst der Selbstverteidigung, d.h. die Perfektionierung.
Elemente und Prinzipien des Ju-Jutsu
Das Ju-Jutsu beinhaltet mehr, als der Name allein erkennen lässt. „Ju“ bedeutet sanft, d.h. ausweichen, anpassen, nachgeben. „Jutsu“ bedeutet „Kunst oder Kunstgriff“. Ju-Jutsu ist also die Kunst, durch Ausweichen oder Nachgeben die Kraft des Angreifers zu nutzen und ihn damit zu besiegen. Falls erforderlich, kann ein Angriff aber auch in direkter Form, z.B. durch Atemi(Schock)-Techniken abgewehrt werden. Über allen Verteidigungstechniken steht das „ökonomische Prinzip“, also „mit dem geringsten Aufwand den größtmöglichen Nutzen zu erzielen“. Alle Verteidigungstechniken können in weicher oder harter Form mit vielen Zwischenstufen nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit angewandt werden. Sollen die Techniken voll wirksam werden, müssen ihre Prinzipien beachtet werden. „Wirksamkeit“ heißt nicht Kraft oder Gewalt, sondern richtige Technikanwendung und –Ausführung. Nur so ist es auch Kleineren oder Schwächeren möglich, sich gegen stärkere Angreifer erfolgreich zu verteidigen.
Die Prinzipien im Einzelnen
Bewegungsformen
Das Prinzip der Bewegungsformen beruht darauf, sich in einer Angriffssituation für eine erfolgreiche Verteidigung ökonomisch zu bewegen.
Atemitechniken
Das Prinzip der Atemitechniken beruht darauf, das eine Schlag-, Stoß- oder Tritttechnik mit möglichst großem Impuls ausgeführt wird, für einen Moment Kontakt mit der fremden Masse aufnimmt und den Impuls über die Auftrefffläche auf diese überträgt.
Abwehrtechniken
Das Prinzip der Abwehrtechniken beruht darauf, sich mit Hilfe der Extremitäten (Hände, Arme, Füße, Beine) aktiv oder passiv bestmöglich zu schützen.
Hebeltechniken
Das Prinzip der Hebeltechniken beruht darauf, Gelenke über ihren natürlichen Bewegungsradius hinaus oder entgegen ihrer natürlichen Bewegungsrichtung zu strecken, zu beugen oder zu drehen.
Kontrolle der Situation
Das Prinzip der Kontrolle der Situation beruht darauf, während der Verteidigungshandlung den Angreifer zu beherrschen und nach einer erfolgreichen Verteidigung die Situation mit Hilfe von Sicherungstechniken, Atemitechniken oder durch Wahrung der Distanz zu kontrollieren. Dabei ist die Beachtung der Verhältnismäßigkeit stets zu gewährleisten.
Wurftechniken
Das Prinzip der Wurftechniken beruht darauf, den Angreifer weitest möglich unter Ausnutzung seiner Kraft und Bewegung zu destabilisieren durch Wegschlagen bzw. Sperren der Unterstützungsfläche oder durch Ausheben zu Fall zu bringen.
Kombinationen
Das Prinzip der Kombinationen beruht darauf, bei der Abwehr von Angriffen eigene Selbstverteidigungstechniken sinnvoll zu verbinden.
Weiterführungstechniken
Das Prinzip der Weiterführungstechniken beruht darauf, bei einer Technikausführung auf Gegenreaktionen so zu reagieren, dass die gegenwirkende Kraft für weitere eigene Techniken voll ausgenutzt wird.
Gegentechniken
Das Prinzip der Gegentechniken beruht darauf, einen mit einer Selbstverteidigungstechnik angreifenden Gegner während der Ausführung seinerseits mit einer Selbstverteidigungstechnik abzuwehren.
(Auszug aus dem Ju-Jutsu 1x1)